Die Jahrgangsstufe 13 kam am Donnerstag, 9. März 2023, kurz vor dem Abi noch einmal zu einem besonderen Ereignis zusammen. Ihre Tutor*innen, die Geschichtslehrer*innen der Jahrgangsstufe, hatten Irene Hasenberg-Butter zum Gespräch geladen. Die 92-jährige US-Amerikanerin ist eine der letzten Zeitzeuginnen, die selbst Opfer der Verfolgung durch die Nationalsozialisten geworden ist und den nachfolgenden Generationen noch erzählen kann. Per Videokonferenz konnten die 90 Schülerinnen und Schüler zunächst einem intensiven Vortrag über die Lebensgeschichte der gebürtigen Berlinerin folgen. Ihr Flucht- und Verfolgungsgeschichte als junge Jüdin, die sie von Berlin über die Niederlande und das Lager Westerbork bis ins Konzentrationslager Bergen-Belsen führte, trug Frau Butter unterstützt durch Fotos, Karten und zeitgenössische Dokumente vor. Für die Referentin wie auch für die Zuhörer*innen waren die Erinnerungen teilweise sehr bewegend. So berichtete sie etwa, dass sie in Bergen-Belsen jeden Abend Angst hatte, am nächsten Morgen nicht mehr lebend aufzuwachen oder erzählte die Geschichte von ihrem Vater, der noch auf dem Weg aus dem Lager im Zug verstarb und den sie auf einer Bank in einem Bahnhof zurücklassen musste.
Das Leben, welches sich die emeritierte Professorin für Wirtschaftswissenschaften der Universität Michigan nach ihrer Ankunft in den USA im Dezember 1945 aufbaute, beeindruckte im Anschluss mindestens ebenso sehr. Während Frau Butter zunächst nicht von ihren Erlebnissen erzählen konnte, „weil es niemand hören wollte“, begann sie dreißig Jahre später angeregt durch ein Schulprojekt ihrer Tochter ihre Erinnerungen mit anderen zu teilen.
„Die Welt ein bisschen besser zu machen“, sieht sie als Auftrag, gerade auch, weil sie anders als sechs Millionen Juden die Shoa überleben durfte. Auch mit 92 hält sie deshalb nicht nur Vorträge an Schulen und hat ihre Lebensgeschichte im vergangenen Jahr in einem Buch veröffentlicht, sondern arbeitet zum Beispiel auch an der Verständigung zwischen Palästinensern und Juden in einer selbst gegründeten Frauengruppe ‚Zeitouna – refusing to be enemies‘.
Tina Römer